Konferenz: “Jung, politisch, engagiert?” – Ein Blick auf die neuesten Ergebnisse der Jugendforschung in LU und DE
Ein Abend voller Erkenntnisse: Wie denken und handeln Jugendliche heute?
Am 6. März 2025 haben der Mouvement Ecologique und move., unterstützt vom “Zentrum fir politesch Bildung” und dem “Jugendrot”, zu einer Konferenz rund um die Jugendforschung eingeladen. Im Mittelpunkt stand die Frage: Wie steht es um die Einstellungen und das Engagement junger Menschen? Die Veranstaltung bot einen tiefgehenden Einblick in die Ergebnisse der “Shell Jugendstudie 2024” für Deutschland und des “Youth Survey Luxembourg 2024”.
Zu diesem Anlass präsentierten Ingo Leven (Verian, Co-Autor der Shell Jugendstudie) sowie Dr. Caroline Residori (Universität Luxemburg) und Andreas Heinen (Observatoire national de l’enface, de la jeunesse et de la qualité scolaire) ihre jeweiligen Studien und Ergebnisse.

Vertrauen in die Politik und Institutionen: Zwischen wachsendem Interesse und zunehmender Distanz
Die Shell Jugendstudie 2024 trägt den Titel „Pragmatisch zwischen Verdrossenheit und gelebter Vielfalt“. Sie zeigt, dass viele Jugendliche weniger in starren Schwarz-Weiß-Kategorien denken, sondern pragmatische Lösungen bevorzugen. Statt ideologischer Extreme überwiegt eine Grundhaltung des „Sowohl-als-auch“ – etwa bei politischen Einstellungen, Lebenszielen und gesellschaftlichen Fragen. Diese Offenheit macht es schwieriger, die Jugend pauschal in bestimmte Lager einzuordnen.
So zeichnet die Shell Jugendstudie 2024 für Deutschland ein spannendes Bild: Das politische Interesse junger Menschen hat stark zugenommen. Besonders auffällig ist jedoch eine Polarisierung innerhalb der Jugend. Während viele sich in der politischen Mitte oder links davon verorten, steigt der Anteil junger Männer mit rechten Ansichten. Gleichzeitig bleibt die soziale Herkunft ein entscheidender Faktor für die politische Orientierung.
Anders sieht es in Luxemburg aus. Der Youth Survey Luxembourg 2024 zeigt eine gegensätzliche Entwicklung: Hier nimmt das politische Interesse seit 2019 ab. Fast die Hälfte der Jugendlichen glaubt zudem, dass Politiker:innen sich nicht für ihre Anliegen interessieren, und viele wissen nicht, wie sie selbst politischen Einfluss nehmen können. Zwei Drittel der Jugendlichen wünschen sich jedoch mehr Mitspracherechte in politischen Entscheidungsprozessen, insbesondere im lokalen und sozialen Nahraum. Ein klares Signal an die politischen Akteure.

Was bewegt die Jugend? Wandel in Sorgen und Interessen
In beiden Ländern zeigt sich eine deutliche Verschiebung in den Themen, die Jugendliche beschäftigen.
In Deutschland dominieren aktuell gesellschaftliche Ängste: Krieg und wirtschaftliche Unsicherheit stehen für viele an erster Stelle. Interessanterweise bleiben Umwelt- und Klimasorgen zwar konstant auf hohem Niveau, doch persönliche Ängste – etwa vor Arbeitslosigkeit – haben abgenommen.
Ein ähnliches Bild zeigt sich in Luxemburg. Hier sind Sorgen um Krieg, Wirtschaft und Gewalt in den letzten Jahren stark gestiegen, während Umwelt- und Klimathemen konstant hoch bleiben, aber von diesen Fragen derzeit überlagert werden. Es scheint, als würden akute Bedrohungen derzeit langfristige Zukunftsängste in den Hintergrund drängen.
Engagement der Jugend: Stabil, aber anders
Die Studien zeigen, dass sich das Engagement der Jugendlichen verändert – jedoch nicht unbedingt verringert hat.
In Deutschland bleibt das Engagement auf einem hohen Niveau. Parteien und Gewerkschaften spielen allerdings kaum eine Rolle, während Vereine, Schulen und selbstorganisierte Projekte für viele die bevorzugten Orte des Engagements sind. Trotz der Sorgen, die sie umtreiben, haben die Jugendlichen Hoffnung und Zuversicht, dass wir als Gesellschaft die Kurve kriegen können, was sicherlich auch zur hohen Bereitschaft für jugendliches Engagement beiträgt.
In Luxemburg engagieren sich 41 % der 16- bis 29-Jährigen in mindestens einer Organisation – insbesondere junge Männer und Menschen aus höheren sozialen Schichten. Doch während soziales Engagement hoch bleibt, ist das Interesse an zivilgesellschaftlicher und politischer Partizipation deutlich geringer. Viele Jugendliche setzen auf Aktivitäten in ihrem direkten Umfeld, statt sich politisch zu beteiligen. Dies erklärt auch das sinkende politische Interesse, das die Studie für Luxemburg festgestellt hat.

Zwischen Pragmatismus und Veränderungswunsch
Die Veranstaltung hat gezeigt, dass Jugendliche in Deutschland und Luxemburg auf unterschiedliche Weise mit gesellschaftlichen Herausforderungen umgehen. Während in Deutschland das politische Interesse wächst und sich die Einstellungen differenzieren, scheint in Luxemburg eine zunehmende Distanz zur Politik spürbar. Dennoch engagieren sich junge Menschen in beiden Ländern – nur eben oft ausserhalb klassischer politischer Strukturen.
Die zentrale Botschaft der Jugendlichen bleibt jedoch dieselbe: Sie wollen gehört werden. Sie wollen mitgestalten, sei es in der Politik, in der Gesellschaft oder auf ihrem Arbeitsplatz. Sie erwarten, dass ihre Anliegen ernst genommen werden – nicht irgendwann, sondern jetzt.
Die Folien zum Vortrag im Rahmen des Youth Survey Luxembourg können Sie hier aufrufen.
Auf Anfrage können wir Ihnen gerne die Folien zum Vortrag der Shell Jugendstudie von Herrn Ingo Leven zukommen lassen.
Date de publication : 02.04.2025