move. auf der “Wir haben es satt Demo” in Berlin!
Landwirtschaftpolitik ist auch Gesellschaftspolitik
Und die geht auch uns etwas an! Genau deswegen haben wir uns dieses Jahr dazu entschieden, uns mit diesem komplexen Thema auseinanderzusetzten. Auf unserer Suche nach den Problemen der aktuellen Landwirtschaft, die leider in großen Teilen nicht mit den natürlichen Grenzen unseres Planeten im Einklang ist, haben wir uns anhand von Interviews mit Politikeren_Innen, Bauern und Bäuerinnen, Konsumenten_Innen und Vertretern von NGO’s ein Bild über die Probleme, Lösungen und Argumente der verschiedenen Akteure gemacht.
So beschäftigt uns z.B. die Frage ob es eine Landwirtschaft gibt die für den Bauer und die Natur gut ist. Eine Antwort auf diese Frage ist nicht so einfach zu finden. Damit jedoch der notwendige Wandel und ein Ausstieg aus dieser Situation stattfinden kann, ist eine breitgeführte gesellschaftliche Debatte erfordert, an der alle Akteure, auch wir als Konsumenten, teilnehmen sollen und müssen.
Aufgrund unserer Diskussionen, haben wir uns Anfang Januar dazu entschlossen an der in Deutschland seit Jahren – auch von Umweltverbänden – organisierten „Wir haben es satt Demo“ teilzunehmen. Diese hat zum Ziel der Dominanz der Agrarindustrie und ihren negativen Folgen für Mensch, Umwelt und Natur, lautstark eine Absage zu erteilen und zudem verschiedene Akteure für einen Austausch zusammenzubringen. „Bauernhöfe stärken: Bis 2020 mindestens 50 % der öffentlichen Beschaffung aus regionaler und ökologischer Landwirtschaft!”, so steht es auf der Webseite des „Wir haben es Satt“-Bündnisses. Seit acht Jahren sorgt das Bündnis jährlich dafür, dass sich mehrere Tausend Menschen auf der Straße zusammenfinden, um für eine Agrarpolitik im Interesse der Allgemeinheit zu demonstrieren. Das Ziel ist es, umfangreiche und zukunftsfähige Lösungsvorschläge auszuarbeiten. Hierzu ruft das Bündniss eine große Vielfalt an Akteuren mit verschiedenen Sichtweisen zusammen. Es stellt sich aus 50 verschiedenen Trägerorgenisationen zusammen, darunter Umwelt-, Natur- und Tierschutzorganisationen, nebst konventionellen auch Bio-Bauer und BäuerInnen, sowie Organisationen, die sich gegen den Welthunger und für den Weltfrieden einsetzen.
Eindrücke der Demo
Dieses Jahr versammelten sich rund 33.000 Menschen in den Straßen von Berlin, tanzten, sangen, schlugen auf Trommeln und Kochtöpfe. Dies um sich Gehör für eine gerechte und nachhaltige Landwirtschaft zu verschaffen. Und wir mittendrin, mit unseren farbigen Kostümen und selbstgemalten Plakaten. Ein super Gefühl, so viele verschiedene Menschen zu sehen, die sich gemeinsam und gut gelaunt für ein ernstes Thema bei kalten Temperaturen am Berliner Hauptbahnhof einsetzen.
Wir reisten im Minibus über ein Wochenende 700 Kilomenter nach Berlin, um am 20.Januar mit zu demonstrieren. Jedoch waren wir nicht die einzigen, die die lange Reise auf sich genommen hatten. Auch über 160 Baueren sind mit verschiedensten Tracktoren aus ganz Deutschland angereist und führten die kilometerlange Demo lautstark an. Wie auf zahlreichen Bannern und Plakaten zu sehen war, war eine der zentralen Forderungen der Manifestanten_Innen das Verbot von Glyphosat. Dies auch aus aktuellem Anlass. Im November letzten Jahres wurde vom Landwirtschaftsministerrat der Europäischen Union einer Neuzulassung des Pestizids für weitere fünf Jahre zugestimmt. Deutschland, vertreten durch Agrarminister Christian Schmidt aus der CSU, enthielt sich in vorherigen Abstimmungen (was einer Ablehnung gleich kommt). Bei dem entscheidenden Votum setzte Schmidt hier jedoch seine Stimme, ohne Absprache mit seiner Regierung, für eine Zulassung ein. Somit war seine letztendlich die entscheidende Stimme, die dazu führte, dass die Zulassung von Glyphosat verlängert wird.
Dass das Mittel jedoch fatale Konsequenzen für die Umwelt, die Tiere, Insekten aber auch für uns Menschen hat, ist schon lange bekannt. Der luxemburgische Landwirtschaftsminister hat im Gegensatz zu Schmidt gegen eine Zustimmung gestimmt. Bis heute wartet man jedoch auch bei F. Etgen auf eine nationale Ausstiegsstrategie, wie es Frankreich bereits plant.
Ein weiterer Streitpunkt war die Ausrichtung der hohen EU-Subvention für die Landwirtschaft. “Diejenigen, die umwelt- und klimaschonenden Ackerbau betreiben und Tiere artgerecht halten, müssen durch Direktzahlungen unterstützt werden.” forderte auf der Bühne Georg Janβen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft in seiner Rede auf der Bühne am Anfang der Demo.
Schlussfolgernd stellen wir fest, dass die „Wir haben es satt Demo“ eine sehr gute Gelegenheit bot, seiner Enttäuschung über unsere aktuelle Konsumkultur und die zu sehr auf Profit orientierte Agrarindustrie, mit ihren negativen Konsequenzen für Mensch und Umwelt, freien lauf zu lassen. Positiv stimmte uns auch, dass ein Dialog zwischen den verschiedenen Beteiligten mit ihren unterschiedlichen Positionen und Beschwerden in Richtung Agrarpolitik der Regierung und Europäische Union, möglich sein kann. Für uns ist auch wichtig, dass die Entscheidungen zur Zukunft unserer Landwirtschaft jetzt getroffen werden müssen, damit der so wichtige Wandel in die Gänge kommt. Uns ist auf jeden Fall klar: Essen ist politisch.
Dieser Text wurde von Karma und Emilie verfasst – Beide sind aktiv bei move.
Date de publication : 01.02.2018